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Haushaltsrede der IGEL-Fraktion


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kaufmann, liebe Mitglieder der Bürgerschaft,
des Gemeinderats und der Verwaltung.

Es war Voltaire, der vor rund 300 Jahren einmal sagte „Lesen stärkt die Seele“. In Bezug auf unseren 519 Seiten umfassenden und 34 Millionen schweren Haushalt ist diese Aussage wohl als Voltaire typischer Sarkasmus zu interpretieren, oder aber er hat noch nie einen Haushaltsplan gelesen. Nach 2 Corona Haushalten liegt wohl jetzt ein Putin Haushalt vor uns mit vielen Fragezeichen aufgrund der politischen Lage Die gute Nachricht: Wir können dieses Jahr wohl mit einer schwarzen Null abschließen und brauchen voraussichtlich weder eine Steuererhöhung noch eine Kreditaufnahme.

Allerdings könnte dies in Kürze bereits Makulatur sein, denn nicht vorhersehbare Auswirkungen des Putin Krieges werden wohl auch die Kommunen treffen. Es ist kaum vorstellbar, dass angesichts stark steigender Preise kein Nachtragshaushalt erforderlich sein wird, in dem vermutlich Manches dem Rotstift zum Opfer fallen wird. Und dies nur, weil ein wahnsinnig gewordener imperialistischer Weltbrandstifter die Welt verändert mit Folgen für Alle und Alles. Am schlimmsten wird es wieder einmal die Ärmsten treffen mit vorprogrammierten Hungersnöten z.B. in der Sahel Zone.

Das einzig Positive an der Tragödie könnte sein, dass sie die Energiewende beschleunigt. Und diese Tempoaufnahme ist auch unbedingt erforderlich Laut kürzlich erschienenem Bericht des Weltklimarates haben wir nur noch 8 Jahre Zeit für erforderliche Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen Bewohnbarkeit der Erde. Das betrifft selbstverständlich auch uns als Kommune Wir müssen uns zügig überlegen, wo wir die gesetzlich vorgeschriebenen 2% unserer kommunalen Fläche für Erneuerbare Energien ausweisen. Blaubeuren und Ehingen sind uns da schon 1 Schritt voraus. Oh hätte der Gemeinderat 2019 doch mit uns gestimmt für die Freiflächen PV Anlage im Gewann Reutte.

Wie schon erwähnt, gehe ich davon aus, dass wir Manches im Haushaltsplan nicht realisieren können, trotzdem möchte ich auf einige Punkte noch kurz eingehen. Zuallererst gebührt ein obligatorischer Dank unserer Verwaltung, die neben der schwierigen Abarbeitung der wichtigsten Positionen des Haushalts zudem noch für die Umsetzung der, auch im 2. Jahr, oft undurchsichtigen und gelegentlich sprunghaften Corona Verordnungen der Landesregierung und Gesundheitsämter sorgen muss. Eine Herkules wenn nicht sogar Sisyphos Aufgabe!! Unser Rathaus kostet uns durch erforderliche Personalaufstockung und Lohnsteigerungen mit ca. 9 Mio etwa 11% mehr als im letzten Jahr und bringt uns sowohl räumlich an Grenzen, als auch finanziell. Sicher: Gutes Personal ist teuer und rar, trotzdem müssen wir diese Situation zusammen mit dem Personalmanagement im Auge behalten.

Laichingen ist und wird hoffentlich auch weiterhin eine Vereinsstadt bleiben
denn in Vereinen und auch in unseren kulturellen Einrichtungen wie Bücherei und VHS findet nicht nur soziales Leben statt, sondern sind sowohl Garant für ein gesundes soziales Klima, als auch für lebenslange Fortbildung Deshalb ist hier jeder sinnvoll investiertes Geld. Nach gelungener Umwandlung unseres Hartplatzes in einen teuren Rasenplatz können wir auch durchaus hoffen, dass unsere Fußballer die Kellerliga bald verlassen und den derzeit höherklassigen Nachbarvereinen Westerheim und Heroldstatt wieder Paroli bieten können.
Aber das nur am Rande!

Bildung ist teuer, sehr teuer sogar seit der geforderten und gottseidank auch geförderten Umsetzung der Digitalisierung an den Schulen. Wir geben für Bildung und Betreuung mit ca. 8,8 Mio fast ¼ unseres Budgets aus, Unterhaltungsaufwand noch nicht einmal eingerechnet. Das sind natürlich wichtige und unverzichtbare Investitionen, denn wir können in vielen Gebieten der Erde sehen, wozu Bildungsferne führen kann!
Hoffen wir auch, dass die Budgeterhöhung für Streetworker und
Schulsozialarbeit Früchte trägt und Brennpunkte in unserer Stadt entschärft bzw. gar nicht entstehen lässt. In diesem Zusammenhang ist es auch hilfreich und gut, einen Jugendbeirat zu haben, der näher dran ist an den Bedürfnissen Heranwachsender. Wir freuen uns, dass unser Jugendbeirat zusammen mit dem Gemeinderat nun endlich den ersehnten Skaterplatz realisieren kann, wobei für unsere Fraktion der angedachte Platz an der Zuckerbuche nicht die beste Wahl darstellt. Bei einem kürzlichen Treffen von fahrendem Volk und beim derzeit gastierenden
Zirkus wird deutlich, dass der Platz nicht geteilt werden kann, sondern in seiner Gänze benötigt wird. Ein Löwenkäfig neben einer Skaterbahn ist nur schwer vorstellbar! Wir hoffen trotzdem, dass wir schnell zu einer Realisierung kommen bevor der Skater-Hype zu Ende ist!

Unsere Feuerwehr ist und bleibt sakrosankt, und wir unterstützen sie gerne mit etwas mehr als ½ Mio für die erforderlichen Anschaffungen, um uns im Notfall gut versorgt zu wissen. Unsere Feuerwehr ist auf der Alb unbestrittenes Aushängeschild was Manpower und Gerätepower betrifft.
Mit unserem neuen ZOB und der geplanten massiven Verbesserung des ÖPNV Angebots sind die Weichen gestellt für einen Mobilitätswechsel von weniger Individual hin zu mehr öffentlichem Verkehr. Hoffen wir, dass das neue Angebot angenommen wird, wir erwarten dafür von Seiten der Stadt und des Landkreises kreative Werbestrategien.

Dank des neuen Bahnhofes Merklingen verbessert sich die Situation für die
Radfahrer enorm, zumindest um Laichingen herum. Das nötigt uns geradezu, unser innerstädtisches Radwegekonzept weiterzuentwickeln, um Laichingen endlich zu einer radfahrerfreundlichen Stadt zu machen. Ein hoffnungsvoller Anfang ist ja in der Olgastraße gemacht!
Apropos Straßen: Unser Straßennetz ist an vielen Stellen marode. Aber wir sollten gut damit leben können, dass wir sie aus Geldmangel nur peu á peu sanieren können. Damit behalten wir eben auch ein natürliches Tempolimit. Und seien wir ehrlich: Das sind doch lächerliche Einschränkungen im Vergleich zu den zerbombten, auf Jahre unbewohnbaren Städte 2-3 Flugstunden von hier mitten in Europa!

Quasi wie die Jungfrau zum Kinde sind wir im alten Bahnhofsgelände zum lang ersehnten sozialen Wohnungsbau gekommen. Das ist außerordentlich erfreulich! Vielleicht gelingt es ja noch mit Hilfe von Gesprächen mit dem Bauherrn das alte Bahnhofsgebäude zu integrieren. Unsere Aufgabe wird es auch künftig sein, die Weiterentwicklung unserer Innenstadt mit dem zahlreichen Leerstand voranzutreiben. Leider wurde unser Antrag für einen Gestaltungsbeirat abgelehnt. Sicher wir haben viel Expertise in unserem Gremium, aber manchmal ist ein Blick von außen sehr hilfreich bei der Entscheidungsfindung. Wenigstens soll nun eine Gestaltungssatzung entwickelt werden, die aber noch mit Inhalt zu füllen ist.

Sehr behutsam müssen wir die für Grunderwerb bis 2025 vorgesehenen 5 Mio einsetzen und eine gute Balance finden zwischen Gewerbe einerseits und Erhalt unserer wunderbaren Landschaft andererseits. Die Bodenversiegelung darf nicht im bisherigen Tempo weitergehen! Der Beitritt zum Klimaschutzpakt ist ja auch eine Verpflichtung, künftige Vorhaben auf Klimaverträglichkeit und Nachhaltigkeit zu prüfen. Leider ist unser Umweltpreis zur Förderung kreativer nachhaltiger Projekte dem Rotstift zum Opfer gefallen.

Die Verschuldung unserer Eigenbetriebe Wasser (2,7 Mio und Abwasser (25 Mio machen uns, da gebührengedeckt, weniger Bauchschmerzen als das, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Zum einen fast 42 Mio für unsere Gebäudeunterhaltung, zum andern unser größtes Gesamtprojekt aller Zeiten: Der Neubau von Grundschule, Gemeinschaftsschule und Mensa mit mehr als 30 Mio. Der Startschuss dazu kostet uns dieses Jahr bereits 600.000. Man muss schon Diplomat sein, damit man keine harscheren Worte gebraucht ob der großen finanziellen Zurückhaltung unserer Nachbargemeinden und auch hinsichtlich eines gemeinschaftlichen Schulkonzeptes. Auf jeden Fall benötigen wir weiterhin eine hervorragende Kämmerei, um dies alles zu stemmen!

Als einer der 3 Alterspräsidenten unseres Gremiums erlaube ich mir, neben der Verwaltung auch einmal unseren Gemeinderat zu loben. Von
Landesfinanzminister Danyel Bayaz wurden wir zur Sparsamkeit in den
Haushaltsberatungen ermahnt, weg vom Wünsch dir was Denken. Dies wurde mit unseren maßvollen und weitsichtigen Anträgen auch umgesetzt. Darüber hinaus haben wir in diesen schwierigen Zeiten und meist ohne den sonst üblichen und wichtigen persönlichen Austausch komplexe Themen und sogar die Haushaltsberatungen der Fraktionen online abgehandelt und alle Entscheidungen der Verwaltung zur Corona Situation mitgetragen. Diese Solidarität ist lobenswert.

Am Ende meiner Rede ist es mir wichtig, nochmals auf die vielen Unsicherheiten dieses Haushaltes aufgrund der Auswirkungen des Putin Krieges hinzuweisen. Bundeskanzler Scholz spricht von Zeitenwende, unser Ministerpräsident Kretschmann von drohendem Wohlstandsverlust. Uns bleibt eigentlich nur die Hoffnung auf ein baldiges Ende dieser Tragödie.

Ganz zum Schluss, wie jedes Jahr, möchte ich nicht schon wieder Cato den Älteren zitieren müssen, aber wir werden, bevor eine andere Fraktion auf diese großartige Idee kommt dieses Jahr die Abschaffung der Unechten Teilortwahl angehen, um endlich die Kreisreform nach 49 Jahren zu vollenden. Ich weiß, wer Visionen hat sollte laut Altkanzler Helmut Schmidt zum Arzt gehen, nichtsdestotrotz habe ich die Vision, dass wir interkommunal viel enger zusammenarbeiten, weg vom Kirchturmdenken. Dass wir Synergien, z.B. über den GVV, nutzen und damit unseren Geldbeutel und unsere Verwaltung entlasten.

Die IGEL Fraktion stimmt dem Haushaltsplan 2022 zu!

Für die IGEL Fraktion

Dr. Günter Schmid

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